Buchtipp für INCI-Nerds: Modern Cosmetics von Nina Kočevar Glavač und Damjan Janeš

13. Januar 2020
modern cosmetics review

Bücher über Naturkosmetik gibt es inzwischen ja einige. Die meisten davon widmen sich Ideen zum Selbermachen von Naturkosmetik in der heimischen Rührküche. Ist man aber auf der Suche nach fundierter Fachliteratur, um in die Welt der naturkosmetischen Inhaltsstoffe tiefer einzutauchen, wird das Angebot schon deutlich schmaler: es gibt – abgesehen von den großartigen Standardwerken von Heike Käser –  kaum Fachliteratur, die in Sachen INCI den Fokus auf Naturkosmetik legt.

Heute möchte ich euch ein Buch vorstellen, dass für mich eine Lücke in der Fachliteratur geschlossen hat, indem es naturkosmetische Roh- bzw. Inhaltsstoffe aus wissenschaftlicher Sicht betrachtet und dabei auf smarte Weise andere Aspekte wie Nachhaltigkeit etc. mit einfließen lässt.

modern cosmetics book

Das slovenische Buch „Modern Cosmetics – Ingredients of Natural Origin“ ist Ende 2018/Anfang 2019 in der englischen Übersetzung erschienen, mein Exemplar ist ein PR-Sample. Herausgegeben wurde das Werk, das ich wie eine Art modernes Lexikon verstehe, bereits 2015 von Dr. Nina Kočevar Glavač und Dr. Damjan Janeš. Das Autorenteam besteht wiederum aus insgesamt 11 Wissenschaftler*innen, über die ihr auf der Homepage mehr erfahren könnt.

Modern Cosmetics – der Name ist bei diesem Buch Programm. Wenn es um Naturkosmetik geht, endet die Welt der Inhaltsstoffe ja schon längst nicht mehr bei Pflanzenölen, ätherischen Ölen, Tinkturen und simplen selbstgerührten Cremes, sondern es gibt eine große Vielzahl an weiteren natürlichen Inhalts- und Wirkstoffen. Und diese werden hier ausgiebig aus wissenschaftlicher Perspektive besprochen.

Das Buch teilt sich in 26 Kapitel auf insgesamt 482 Seiten – wir haben es hier also durchaus mit einem Wälzer (im besten Sinne) zu tun.

Eine Einführung in die Welt der Naturkosmetik bildet den thematischen Einstieg. Dort geht es nicht nur um die Definition von Naturkosmetik, sondern auch um die EU-Kosmetikverordnung, Naturkosmetik-Siegel etc.

Es folgt ein Kapitel zur Haut und ein weiteres zu den technologischen Aspekten von Kosmetikprodukten: welche Arten von Produkten gibt es, wie gelangen Wirkstoffe in die Haut , … .

modern cosmetics insights

Danach beginnt der lexikalische Teil. In Kapitel 4 folgen auf über 130 Seiten Steckbriefe verschiedenster Pflanzenöle und -buttern, die jeweils 1-2 Seiten umfassen. Der Umfang geht dabei weit über die altbekannten Klassiker hinaus und deckt auch Exoten ab (Kiwi, Murumuru, Wild Melon etc.).

Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Kapitel 12-18, auf denen auf insgesamt rund 90 Seiten Wirkstoffe beschrieben werden, die verschiedenen Zwecken dienen (tonic activity, antimicrobial activity, anti-inflammatory activity, improving skin circulation, skin lightening, self-tanning, hormonal activity). Aber auch Okklusiva, Emulgatoren, Feuchtigkeitsspender, Säuren, Antioxidantien, Vitamine werden besprochen. Weitere Kapitel widmen sich Themen wie u. a. Sonnenschutz, Exfolianten oder Pigmenten. Auch semi-synthetische Inhaltsstoffe werden auf rund 20 Seiten besprochen. Ätherische Öle werden übrigens nicht direkt besprochen, deren Inhaltsstoffe wiederum schon.

Ich bin ja ein großer Fan guter Strukturen – und diese findet man hier definitiv. Die einzelnen Inhaltsstoffe werden alle nach einem einheitlichen Schema vorgestellt. Da hätten wir bei den Pflanzenölen bspw. zunächst die INCI-Bezeichnung, die Pflanzenfamilie, Synonyme, den Ursprung für die Gewinnung (Samen, Früchte etc.), eine kurze Beschreibung, Infos zur chemischen Zusammensetzung (Fettsäurespektrum) sowie zur Wirkweise, Wirksamkeit und zum Gebrauch. Auch die anderen Kapitel folgen in ähnlicher Art diesem Schema: Name, Other names,  INCI, Natural source, Characteristics and physiological function, Mechanism of action and use.

Jedes Kapitel schließt mit einer Literaturliste mit wissenschaftlichen Referenzen ab, auch in den einzelnen Kapiteln werden immer wieder klinische Studien und deren Ergebnisse herangezogen. Zahlenfreunde finden in den einzelnen Abschnitten außerdem auch immer wieder Infos zu Aspekten wie Einsatzkonzentrationen.

Bemerkenswert finde ich, dass die Autoren dabei in kurzen Exkursen auch auf aktuelle Debatten rund um Nachhaltigkeits-Themen oder andere Besonderheiten eines Inhaltsstoffs eingehen. So finden wir zu Palmöl bspw. einen kurzen Abschnitt zum Thema nachhaltige Palmölgewinnung inkl. Infos zur RSPO. Kurze Empfehlungen für Selbstrührer sind insbesondere bei den Pflanzenölen ebenfalls enthalten.

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Der Grundton des Buches ist wissenschaftlich nüchtern, aber dabei keineswegs staubtrocken, sondern sehr gut lesbar. Inhaltsstoffe werden dabei auch durchaus kritisch betrachtet, gleichzeitig wird fundiert aufgezeigt, was natürliche Inhaltsstoffe in der Hautpflege leisten können (und auf welche Weise sie das tun).

Gestalterisch fällt mir vor allem die klare Übersichtlichkeit und die sehr angenehm zu lesende Schriftart auf (das geben die Fotos jetzt leider nicht so wider, ich weiß). In Sachen Bebilderung punktet das Buch für mich persönlich vor allem mit den Portraits der fetten Öle – endlich mal ein Werk, dass die Pflanzen, aus denen Öle gewonnen werden, in Gänze abbildet. So habe ich bspw. über Ziegen auf Arganbäumen schon sehr oft gelesen und mehrfach nach Bildern dazu gegoogelt, in Printform ist mir aber noch keines begegnet. Daumen hoch also dafür! Ansonsten begegnen einem durchaus zahlreiche Stock-Fotos. Darstellungen des chemischen Aufbaus der Inhaltsstoffe auf molekularer Ebene werden dabei auf dezente Weise eingebunden.


Gar nicht so einfach, so ein umfangreiches Werk wie „Modern Cosmetics“ hier in einem Blogbeitrag in (mehr oder minder) wenigen Worten gerecht zu werden. Am besten schaut ihr einfach mal in die umfangreiche Leseprobe rein. Und klickt gern auch mal auf Beautyjagd rein, Julia ist ebenfalls sehr angetan von dem Buch. Das könnt ihr übrigens über die Website beziehen, es kostet 120 Euro – Versandkosten fallen nicht an. Und ja, meiner Meinung nach ist es jeden Euro davon definitiv wert, wenn man sich für naturkosmetische Roh- und Inhaltsstoffe interessiert. Für mich ist das Buch so eine Art moderne „INCI-Bibel“ geworden.

Also, Organic Beauty Nerds – das ist eine klare Empfehlung für alle INCI-interessierten Bücherwürmer unter euch!

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