Für Einsteiger: Grundlagen-Infos zur Gemmotherapie

10. September 2018
gemmotherapie

Würde ich im Mittelalter leben, wäre ich unter Garantie ein Kräuterweib, das im eigenen Stübchen aus selbst gesammelten und angebauten Kräutern und Pflanzen diverse Mittelchen für die eigene und die fremde Hausapotheke herstellt (und sich damit vermutlich auch die Haare kupferrot färbt). Pflanzenheilkunde ist so ein spannendes Feld! Ich habe nicht nur die Aromatherapie lieben und schätzen gelernt, sondern beschäftige mich seit einiger Zeit auch mit einer anderen Form der Nutzung der Pflanzenheilkraft: der Gemmotherapie. Zu diesem Thema möchte ich heute als Auftakt einige grundlegende Informationen mit euch teilen – quasi als Vorbereitung für weitere Beiträge.

Was versteht man unter Gemmotherapie und wo hat sie ihren Ursprung?

Der Begriff Gemmotherapie leitet sich von Gemma, dem lateinischen Wort für Knospe, ab. Dabei werden Präparate aus dem Embryonalgewebe von Pflanzen, sprich Knospen, Trieb- und Wurzelspitzen, hergestellt. Häufig stehen vor allem die Knospen im Mittelpunkt, wenn es um Gemmotherapie geht. Im Vergleich zu anderen Disziplinen der Naturheilkunde ist die Gemmotherapie noch recht jung – der belgische Arzt Dr. Henry Pol (1918-1988)machte sie erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts bekannt, 1959 erschien sein erster Artikel mit seinen Forschungsergebnissen in einer französischen Fachzeitschrift. Pol sprach damals noch von Phytembryotherapie, der Begriff der Gemmotherapie wurde in den 1960er Jahren von Dr. Max Tétau geprägt. Stärker verbreitet ist die Gemmotherapie vor allem in Italien und den frankophonen Ländern – in Frankreich ist sie bereits seit 1965 Teil des Französischen Arzneibuchs. 2011 hat sie schließlich auch ihren Weg in das Europäische Arzneibuch gefunden und ist somit rechtlich auch in Deutschland zugelassen.

Was macht Knospen so interessant für die Pflanzenheilkunde?

Der Ansatz, der der Gemmotherapie zugrunde liegt, ist folgender: Knospen und anderes pflanzliches Embryonalgewebe enthalten die volle Lebenskraft – während die Pflanze sich mitten in der Zellteilung befindet, bündelt sie all ihre Kräfte in konzentrierter Form. „Kraft“ meint in dem Fall konkrete Inhaltsstoffe. Dazu zählen neben Proteinen insbesondere verschiedenartige Pflanzenhormone, die in der Knospenzeit besonders aktiv sind. Sie wirken vor allem wachstumsfördernd und schützend. Auch andere Komponenten wie Enzyme, Mineralstoffe, Polyphenole, Vitamine und Spurenelemente liegen in der Zeit der Knospenaktivität besonders konzentriert vor. Die Gemmotheraie geht davon aus, dass der menschliche Körper davon profitiert, indem Gemmo-Präparate das Immunsystem unterstützen und reinigend, ausleitend und regenerierend wirken.

Bei welchen Beschwerden werden Gemmo-Präparate eingesetzt?

Das Anwendungsspektrum der Gemmotherapie ist breit und reicht von Erkältungen über Allergien und Stoffwechselbeschwerden bis hin zu Erschöpfungszuständen. Im Wesentlichen sind es 20-30 (überwiegend heimische) Pflanzen, die dabei zur Anwendung kommen. Meine Favoriten stelle ich euch in einem separaten Beitrag einmal vor.

Wie werden Präparate für die Gemmotherapie hergestellt?

Hergestellt werden die Gemmo-Präparate als Mazerate. Die entsprechenden Pflanzenteile werden von Hand geerntet und drei bis vier Wochen lang in einer Mischung aus Alkohol und Glycerin oder zusätzlich noch Wasser (zu jeweils gleichen Teilen) mazeriert und anschließend gefiltert. Das erhaltene Filtrat wird anschließend ebenfalls mit einer Mischung aus Alkohol, Glycerin und ggf. Wasser verdünnt – fertig ist das Gemmo-Präparat.

Wie werden Gemmo-Präparate angewendet?

Erhältlich sind Gemmo-Präparate in zweierlei Form. Am häufigsten finden sie sich auf dem Markt als Tropfen, die verdünnt oder unverdünnt oral eingenommen werden. Es gibt jedoch auch Präparate zum Sprühen. Gemmo-Präparate werden in der Regel einzeln eingesetzt und nur mit zeitlichem Abstand miteinander kombiniert (also zum Beispiel morgens und abends verschiedene Tropfen). Nebenwirkungen sind bei geeigneter Dosierung keine bekannt, eine Kombination mit schulmedizinischen Behandlungsmethoden ist möglich. Bei langanhaltenden oder schwerwiegenden Beschwerden gilt natürlich wie immer: lieber nicht zu lange selbst rumdoktern, sondern zum Arzt gehen.

Wer bietet Gemmo-Präparate an?

Die Mazerate, die in der Gemmotherapie zum Einsatz kommen, sind bei verschiedenen Anbietern erhältlich. Aus der Geschichte heraus sind es vor allem französische, belgische und Schweizer Anbieter, aber auch in deutschsprachigen Shops bzw. (Online-)Apotheken werdet ihr fündig. Zu den Anbietern zählen bspw. Spagyros, Phytomed, Dr. Koll und Phytopharma (dort habe ich bisher bestellt).

Zum Schluss spanne ich doch noch den Bogen zur Naturkosmetik, denn es gibt sogar Hersteller, die sich die Kraft der Knospe zunutze machen: in den Naturkosmetik-Produkten von Grüne Erde werden die Knospenextrakte in Bio-Qualität verwendet.

Habt ihr euch schon mal mit Gemmotherapie beschäftigt? Ich hoffe, dieser Einblick in eine andere Art der Nutzung von Herbs & Flowers war interessant für euch! Ich werde das Thema nach und nach noch in weiteren Artikeln aufgreifen.

Vorheriger Beitrag
Nächster Beitrag

You Might Also Like

7 Comments

  • Reply Tanzen_auf_Beton 10. September 2018 at 19:22

    Herzlichen Dank für den sehr informativen Post! Sehr spannend!

    • Reply Herbs & Flowers 10. September 2018 at 20:46

      Puh, Daniela, du ahnst gar nicht, wie sehr mich dein Feedback freut! Das ist einer dieser Beiträge, bei dem man sich vor dem Veröffentlichen denkt: hoffentlich interessiert das überhaupt irgendjemanden. :D Von daher schön zu wissen, dass das Thema auf Interesse stößt. Liebe Grüße!

  • Reply Derailroaded 10. September 2018 at 21:53

    Was ich schon länger ausprobieren wollte, habe ich durch deinen Beitrag grade gemacht: Von Spagyros die Ribes N Creme bestellt.

  • Reply Tanzen_auf_Beton 11. September 2018 at 7:48

    Ich bin Allergikerin und hatte lange mit chronischen Schmerzen/beeinträchtigten Immunsystem zu tun, daher freue ich mich immer über neue Impulse !
    Und in Bezug auf NK hatte ich tatsächlich noch nichts davon gehört!

    • Reply Herbs & Flowers 17. September 2018 at 10:12

      Dann hoffe ich, dass die kommenden Beiträge zu dem Thema vielleicht hilfreich für dich sind!

  • Reply Birgit 14. September 2018 at 12:17

    Bitte mehr davon. Habe mir auch schon ein Fläschchen Himbeer und Preiselbeere gegönnt.

    • Reply Herbs & Flowers 17. September 2018 at 10:14

      Himbeer und Preiselbeere, das klingt gut!

    Leave a Reply