Es ist mal wieder so weit: die Vereinigung für Aromapflege und gewerbliche Aromapraktiker/-innen hat die Duftpflanze des Jahres gekürt. Auch dieses Jahr nehme ich sie etwas genauer unter die Lupe. In den letzten Jahren standen folgende Pflanzen im Mittelpunkt:
- 2015: Salbei
- 2016: Lavendel
- 2017: Rose
- 2018: Pfefferminze
Wie gehabt nehme ich die Duftpflanze, dieses Jahr also die (Echte) Kamille, zunächst aus aromatherapeutischer Sicht unter die Lupe (ich beziehe mich dabei vor allem auf Infos aus der Literatur von Monika Werner/Ruth von Braunschweig und Eliane Zimmermann), ehe es um konkrete Produkte geht.
Kamille in der Aromatherapie
DAS ätherische Kamillen-Öl gibt es im Prinzip nicht, denn es kommt darauf an, welche Art der Kamille destilliert wird. Im Wesentlichen sind es zwei Arten, die für die Aromatherapie von besonderem Interesse sind: Die Echte Kamille, auch Deutsche Kamille oder Kamille blau genannt, und die Römische Kamille, auch bekannt als Englische Kamille.
Die Echte Kamille ist sicherlich die, die ihr auch sofort vor Augen habt mit ihren weißen Blütenblättern und den gelben Blütenköpfchen, welche sich sanft nach oben wölben. Ihren krautigen Duft verbinden viele ja leider vor allem mit Erkältungstees und Dampfbädern in der Kindheit. Schade, denn die Kamille ist eine sehr vielseitige und wertvolle Heilpflanze!
Das ätherische Öl der Echten Kamille (Matricaria recutita bzw. Chamomilla recutita) ist für mich eines der schönsten überhaupt – seht euch mal diese tintenblaue Farbe an! Verantwortlich dafür ist das enthaltene Chamazulen, das bei der Destillation entsteht und u. a. entzündungshemmend wirkt. Weitere wichtige Inhaltsstoffe sind u. a. Matricin und Bisabolol. Letzeres ist euch vielleicht auch schon mal auf INCI-Listen begegnet – das entzündungshemmende und beruhigende Bisabolol wird auch isoliert in Kosmetikrezetpturen eingesetzt.
Das ätherische Öl der Echten Kamille duftet intensiv krautig und herb. Da kommen auch bei mir Erinnerungen an dampfende Kamillenbäder in Kindheitstagen hoch. :-) Inzwischen mag ich den Duft aber sehr, sehr gern!
Auf körperlicher Ebene wirkt die Echte Kamille entzündungshemmend, beruhigend und entkrampfend und hat sich deshalb u. a. bei Hautentzündungen, der Behandlung von Wunden, Erkältungsbeschwerden und der Pflege von Narben bewährt. Der lateinische Begriff „Matricaria“ leitet sich übrigens vom lateinischen „Mater“=Mutter ab. Für typische Beschwerden von Kindern in der Zeit, in der sie sich in ersten Schritten von der Mutter lösen, ist ätherisches Kamillen-Öl eine gute Wahl – vom Zahnen über Bauchweh bis hin zu wunder Haut. Seelisch hat die Kamille eine beruhigende, ausgleichende und entspannende Wirkung.
Die Kamille römisch (Anthemis nobilis) ist zwar nicht die Duftpflanze des Jahres, erwähnen möchte ich sie aber dennoch kurz. Ihr ätherisches Öl unterscheidet sich von der Zusammensetzung her komplett von dem der Echten Kamille. Es enthält viel weniger Sesquiterpene (wie das oben erwähnte Chamazulen) und dafür einen sehr hohen Ester-Anteil von bis zu 85%. Farblich lassen sich die beiden ätherischen Öle leicht unterscheiden – das Öl der Römischen Kamille ist nicht tintenblau, sondern klar bis blassgelb. Es hat einen warmen, sanft krautigen Duft.
Der hohe Ester-Anteil ist es auch, der für die starke psychisch entspannende Wirkung der Kamille römisch verantwortlich ist. Anwendung findet sie in der Aromatherapie daher bspw. bei emotionalen Schockzuständen, innerer Unruhe, Burn-Out, Schlafstörungen oder unruhigen, zahnenden Kindern.
Oben auf dem Bild seht ihr ein gebrauchsfertiges Aroma-Spray von Florascent, bei der das ätherische Öl der Kamille römisch in Alkohol gelöst ist. So lässt es sich einfach als Raumspray oder Parfum verwenden.Großartig finde ich auch das beruhigende Aroma-Spray von Alteya, das neben dem ätherischen Öl der Kamille römisch auch noch Lavendel, Rose, Ringelblume und Palmarosa enthält – die volle Ladung Entspannung. Ich habe es jeden Tag zusammen mit meinem Sohn in Gebrauch. Falls ihr es ebenfalls mal testen wollt: bei der Naturdrogerie ist es gerade im Angebot.
Ätherisches Kamillenöl in reiner Qualität, wie ihr es bspw. bei Primavera, Farfalla oder Alteya findet, gilt als nebenwirkungsfrei. Wer auf Korbblütler, zu denen die Kamille gehört, allergisch ist, sollte dennoch vorsichtig damit umgehen.
Bei der Wasserdampfdestillation entsteht nicht nur ätherisches Öl, sondern als Nebenprodukt auch Hydrolat. Das Hydrolat der Echten Kamille wirkt entzündungshemmend und beruhigend. Es ist bestens zur Babypflege geeignet, kann darüber hinaus aber bspw. auch bei Ekzemen, Akne oder Schuppenflechte angewendet werden. Kamillen-Hydrolat gibt es bspw. von Alteya oder Dabba.
Kamille in der Naturkosmetik
Aufgrund ihrer beruhigenden und entzündungshemmenden Eigenschaften ist die Kamille auch in der Naturkosmetik beliebt. Mir kommen dabei zuerst Produkte zur Babypflege in den Sinn. Da kann ich euch einen ganz besonderen Schatz aus meiner Sammlung zeigen: die Lindos Kamillen Kinder-Seife von Walter Rau, sprich von SPEICK. Die Seife war Bestandteil einer fünf-teiligen Kinder-Serie, die Walter Rau Anfang der 1950er auf den Markt gebracht hat und die bis in die 1990er hinein erhältlich war. Die Kamillenpflanze ziert nicht nur als Abbildung die Verpackung, sondern als Prägung auch die Seife selbst, schaut mal:
Nun weiß ich leider nicht genau, wie mein Seifenstück, das aus den 1960ern stammt, damals gerochen hat. Heute ist nur noch ein zarter, seifig-cremiger Duft übrig geblieben, den die Seife verströmt. Ich werde sie als Sammlerstück bewahren und sicher nicht zum Waschen benutzen. Wie sie schäumt, wie sie beim Waschen duftet und ob gut sie rückfettet, kann ich also nicht sagen. ;-) Einige weitere Details zur Seife erfahrt ihr übrigens in einem Artikel von mir auf dem SPEICK-Blog.
Gerade jetzt, wo es draußen klirrend kalt sein kann, sind Cold Creams wieder beliebt, die mit ihrem hohen Fettanteil vor Wind und Wetter schützen und die Feuchtigkeit in der Haut bewahren. Eine Cold Cream mit Kamille, die für Babys gedacht ist, aber auch für Erwachsene eine gute Wahl ist (zum Beispiel auf Winterwanderungen oder beim Skifahren), gibt es für 2,95 Euro von alverde.
Stellvertretend für eine ganze Reihe an Gesichts- und Körperpflege-Produkten, die ätherisches Kamillenöl oder das isolierte Bisabolol enthalten, seht ihr oben auf dem Bild ein Gesichtsöl von Douces Angevines. Das Nuit Câline habe ich euch schon ausführlich vorgestellt, aktuell nutze ich sehr gern das Tagesfluid Aube d’éte. Es basiert auf Jojoba-, Sonnenblumen-, Borretschsamen-, Distel- und Sesamöl (allesamt aus biologischem Anbau) und enthält verschiedene ätherische Öle, darunter natürlich auch das der Echten Kamille. Ich finde die Düfte der Douces Angevines Produkte ja absolut außergewöhnlich, dieses Tagesfluid bildet da keine Ausnahme. Ich empfinde den Duft als beruhigend und entspannend; er ist eine feine, harmonische Mischung aus blumigen und ganz zart krautigen Noten. Zwei bis drei Tropfen reichen für das gesamte Gesicht völlig aus. Das Öl zieht superschnell ein und hinterlässt keinen fettigen Film, sondern einfach nur samtig-weiche Haut. Die Kombination aus Toner, Serum und diesem Gesichtsöl ist gerade eine meiner liebsten Morgen-Routinen.
Eine Marke, die sich auf die Kamille spezialisiert hat, muss ich auch unbedingt noch erwähnen: Inkarna. Der Gründer Simon Kistler ist Landwirt und baut seit fast 3 Jahrzehnten Kamille an. Auf dem Lindenhof in Orthofen in der Nähe von München bewirtschaftet er heute 29 Hektar, auf denen die Kamille wächst, ehe sie ihren Weg letztlich in Naturkosmetik findet. Ein Großteil des destilliertes ätherischen Öls geht zur Herstellung von Arzneimitteln auf pflanzlicher Basis an die Pharmaindustrie. Ich habe im letzten Jahr die Kamillenöl Creme als PR-Sample erhalten, sie hat mich bis in den Herbst hinein begleitet (bereits geleert, daher nicht mit auf dem Foto). Die Creme hat eine pflegende Textur und hat sich bei mir vor allem in den kühleren Monaten, wenn meine Haut trockener war, bewährt. Besonders spannend fand ich die ganz leicht hellblaue Farbe (sieht man nur bei genauem Hinschauen, auf der Haut aber gar nicht) und den krautigen, charakteristischen Kamillenduft. Ein Liebhaberstück für alle Freunde der Heilpflanze und eine Empfehlung von mir für alle mit trockener und sensibler Haut.
Die Kamille findet sich als Hydrolat, ätherisches Öl oder Extrakt aber natürlich auch in einer Reihe von „alten Bekannten“ wieder, so zum Beispiel in der Gesichtswaschcreme von Dr. Hauschka, der Chamomile & Rosehip Calming Day Cream von Pai, diesem Moisturiser von MuLondon, der Lotion de Soin H2O Booster von Jonzac und dem Serum aus derselben Serie. Selbst in der dekorativen Kosmetik begegnet die Kamille uns – zum Beispiel in der Foundation oder den Lidschatten von Zuii.
Wie sieht’s mit euch aus? Habt ihr ein „Kamillentee-Trauma“? Oder mögt ihr den Duft der dampfend heißen, getrockneten Blüten so sehr wie ich? Schätzt ihr ätherisches Kamillen-Öl? Und habt ihr ein Lieblings-Pflegeprodukt, das Kamille enthält?
14 Comments
Kamille finde ich persönlich zum speien, sowohl innerlich als auch den Duft. Allerdings bin ich eben auch im medizinischen Sinne allergisch gegen Kamille, die gleichwohl allein aufgrund ihrer tradierten vielseitigen therapeutischen Anwendungsmöglichkeiten ihre Daseinsberechtigung hat. Wenn du den Duft so liebst, könnte aber das Eau de Cologne Chamomile Flowers von Ojai Wild genau dein Beuteschema sein. Den Duft habe ich zwar aus den genannten Gründen selbst noch nicht probiert, aber die anderen Düfte von Ojai Wild sind einfach großartig, da wird der ähnlich gut sein (sofern man Kamille denn mag). Ich freue mich darauf, dass das Jahr 2020 dann eine neue Pflanze in den Fokus rückt 😇
Gut, wenn man auf Dinge allergisch ist, dann ist das ja auch wieder eine andere Sache. In knapp 340 Tagen erfreut dich dann bestenfalls die Duftpflanze 2020. :D Und danke für den Duft-Tipp, da muss ich mich doch gleich mal online schlau machen!
Mein erster Gedanke gilt tatsächlich dem Kamillentee, den ich nicht mehr riechen kann ( Kindheitstrauma genau wie diese ekelhaften Vanille-Duftkerzen). Aber ansonsten mag ich diese Pflanze schon sehr. Auch die Blüten finde ich wunderschön. Solch ein Öl und Hydrolat würde mich auch reizen.
Hihi, also Kamillentee in Kindheitstagen ist echt so ein Ding, oder? Ich finde ja Dampfbäder mit Kamillenblüten mittlerweile megagut! Und Kamillentee – gern in Kombination mit anderen Blüten oder Vanille – mag ich inzwischen auch sehr gern. Man kann das Duftgedächtnis an der Stelle alsoa uch überschreiben. :)
Ich habe immer lose Kamille von Sonnentor zuhause. Ich mache mir dann einen Liter, süsse etwas mit Honig und gebe ein paar Tropfen Vanille von Taoasis dazu. Der Honig ist ja auch wichtig, damit sich die Vanille gut verteilt. Ich trinke diesen Tee sehr gerne, verbinde jedoch auch keinerlei Trauma mit Kamille – zum Glück ;-)
Die Kamille von Alteya wollte ich auch schon einige Male ausprobieren. Sollte ich endlich tun.
Die lose Kamille von Sonnentor findest du auch in meiner Küche. :-) Die Kombination mit Vanille und Honig klingt sehr kuschelig und lecker! Und ja, die Kamille von Alteya kann ich dir ans Herz legen – so ein tolles ätherisches Öl (und ja überhaupt eine richtig tolle Marke).
Kamille mag ich als Tee gar nicht, doch als Teerinse fürs Haar oder Kamillenshampoo/spülung um die Haare ein wenig heller zu halten :) Alter Tipp meiner Grossmuter. Mein Favorit ist aber immer noch die Duftpflanze des Jahres 2018 – die Pfefferminze :)
Ah stimmt, die gute alte Kamillenspülung! :) Habe ich auch mal eine Zeit lang gemacht, als meine Haare noch nicht so dunkel waren wie jetzt.
Ich oute mich auch als seit der Kindheit kamillenteegeschädigt. Mir wurde früher schon schlecht, wenn meine Mutter nur mit der Tasse ins Zimmer kam. Ich konnte daher z.B. auch die Pai-Creme mit Kamille nicht benutzen. Ich hab’s kürzlich mal mit einer Creme von Styx probiert, die Kamille enthält. Da war der Duft okay, aber meine Haut mochte sie nicht. Ansonsten finde ich die Blüte rein optisch auch hübsch, aber den Duft, den kann ich leider nicht haben…
Hui, da bist du ja echt ge(tee)beutelt. :-D Die Pai-Creme duftet meiner Erinnerung nach ja eher zart, ich habe sie eine Weile sehr gerne benutzt. Und ja, optisch mag ich die Kamille auch sehr gern. :)
Nach dem vielen Lob über die Kamille geb ich ihr noch mal eine Chance ;-) Probiere gerade eine Kamillenöl-Creme von Inkarna aus, regional produziert im Münchner Umland (wo ich auch wohne). Die duftet mehr nach frischer getrockneter Kamille als nach Kamillentee. Und hat sogar eine ganz leicht bläuliche Farbe, weil das enthaltene Kamillenöl blau ist. Musste ich gleich an die ganzen teuren Produkte mit Blue Tansy denken und daran, dass es vielleicht gar nicht immer so exotisch sein muss bei der Hautpflege…
Ah, du kennst die Inkarna-Creme sogar schon! Im Text erwähne ich sie ja auch, ich habe sie im letzten Jahr ebenfalls verwendet. :) Interessante Überlegung mit dem Vergleich von Kamille und Rainfarn! Das ist ja mit einigen anderen Hype-Ingredienzien (ich denke da zum Beispiel an Chia- vs. Leinsamen) ähnlich. Wäre auch mal ein Thema für einen Blogbeitrag, danke für die Anregung!
Ah richtig, sorry, du erwähnst die Creme ja in der Tat! Ich habe den Kamillenbeitrag schon letzte Woche gelesen und als ich gestern im Bioladen vor dem Inkarna-Aufsteller stand, hab ich instinktiv zugegriffen und heute den Nachtrag geschrieben, ohne noch mal den Artikel zu lesen ;-)
Schön, dass dir die Creme auch gefällt. Und ja, ich fände es interessant, die ganzen „Superfoods“ in der Naturkosmetik mal den heimischen Schätzen gegenüberzustellen.
Sehr geehrte Ida,
ich sehe gerade, dass dies schon ein etwas älterer Artikel vom 17.01.2019 ist, ich bin über den Blätterrauschen-Link von Beautyjagd hierher gelangt. Ihren Blog, liebe Ida, den ich sehr schätze, verfolge ich aber schon länger!
Ich liebe Kamillentee über alles. Obwohl ich sicher 50 Sorten Tee in meinem Küchenschrank horte, greife ich doch am liebsten immer wieder zum Kamillentee, außerdem tut er meinem Magen sehr gut (Magengeschwüre in der Vergangenheit) und ich liebe den beruhigenden Duft sehr!
Ich verwende Kamille auch in der Kosmetik. Am liebsten verwende ich das Kamille-Blütenwasser, die Kamillenblüten-Seife und die durch Vulkanite gefilterte Sheabutter mit römischer Kamille der ungarischen Naturkosmetikfirma Manna und die Kamillenblütenseife Nr. 29 von der Seifenmanufaktur Wiener Seife.
Liebe Grüße aus Wien,
Shirley